Unsere Vision

Drucken PDF

Die Initiative Solidarische Mobilität will das Politik- und Entwicklungsmodell des Immer-Mehr-Verkehr beenden. Eine Weiter-so-Politik in Deutschland, die pures Verkehrswachstum um des Wachstums willen verfolgt, verliert die konkreten Mobilitätsbedürfnisse der Menschen, um die es eigentlich geht, aus dem Blick und gefährdet sogar künftige Mobilität: Wenn die Kraftstoffpreise wie absehbar weiter steigen, stecken Millionen Menschen in der Sackgasse, weil keine Alternativen zum Autoverkehr aufgebaut wurden. Mit der Fixierung auf Straßenbau und Autoverkehr werden die heutigen, nicht nachhaltigen Strukturen betoniert und zukünftig viele Menschen von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, ‚Mobilitätsarmut‘ wird immer alltäglicher. Wir setzen uns für eine grundsätzlich andere Politik ein:

Wir wollen eine solidarische und ökologische Mobilitätspolitik!

Die Gleichsetzung von Mobilität und Verkehr führt uns in eine Sackgasse – mehr Verkehr bedeutet heute nicht mehr, sondern weniger Lebensqualität. Ein Weg aus der Sackgasse ist möglich: Viel Mobilität mit wenig Verkehr ist z.B. in einer Stadt möglich, in der alle Läden, Geschäfte, ÄrztInnen, Apotheken und Freizeiteinrichtungen in der Nähe erreichbar sind – am besten mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Sind die Wege kurz, spielt die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs keine Rolle mehr; Verkehr wird vermieden – ohne dass die Mobilität eingeschränkt wird!
Mobilität ist ein Menschenrecht.. Mobilität muss daher auch noch für unsere Kinder und Enkel und sie muss weltweit möglich sein. Dazu aber muss der Verkehrsaufwand unserer heutigen Generation reduziert werden. Wir brauchen eine konsequente Ausrichtung der Politik an Mobilität: Mobilität ist zu sichern, Verkehr hingegen zu reduzieren.


Was bedeutet das konkret?

1.  Bewegungsfreiheit und faire Mobilität

rollstuhl und bahn siemensUnsere Initiative will Mobilität sichern, nicht Verkehrswachstum erzeugen. Verkehr und Verkehrswachstum sind weder wünschenswerte Ziele einer Gesellschaft noch unvermeidlich. Wir wollen den Profiteuren dieses Wachstums entgegentreten, das oft aus angeblichen Zwängen resultiert. Wir wollen die Wirtschaftsweise, die Städte und die Infrastrukturen so gestalten, dass mehr Mobilität als heute möglich wird: Nahräumliche Stadt- und Regionalstrukturen erleichtern eine geschlechtergerechte Teilung der Erwerbs- und Sorgearbeit. Armut darf ebenso wenig vom Zugang zu Mobilität ausschließen wie Alter oder gesundheitliche Einschränkungen. Da die kommunalen Strukturen aufgrund der knappen Kassen wegbrechen und damit auch Mobilitätsalternativen wegfallen, drängen wir alte Menschen immer mehr in eine automobile Zwangsmobilität. Gleichzeitig gibt es aufgrund des demographischen Wandels aber immer mehr von ihnen. Mobilität ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, möglichst überall gute, barrierefreie und günstige öffentliche Mobilitätsangebote zu schaffen: Wenn uns das nicht gelingt, wird die Polarisierung und Aufteilung der Gesellschaft voranschreiten, dann werden zunehmend Menschengruppen von Teilhabe ausgeschlossen.

Ein Schlüsselanliegen unserer Initiative ist deshalb vor allem die Schaffung von weitgehender Barrierefreiheit: Allein schon aus Gründen der demographischen Entwicklung ist dies geboten. Mobilität ist auch künftig dort zu sichern, wo nur noch wenige wohnen und wo Bus und Bahn wenig attraktiv sind. Und Finanzierung und Gestaltung unserer Verkehrsstrukturen müssen fairer werden: Derzeit werden teure Strukturen, die vor allem von den „kaufkräftigen“ Bevölkerungsteilen genutzt werden, vor allem aus Steuern (und damit von allen Einwohnern) finanziert. Wir wollen Verkehrsstrukturen grundsätzlich nach dem Verursacherprinzip finanzieren: Wer viel und weit fährt und wer viel Lärm, Abgas und Treibhausgase ausstößt, muss mehr zur Finanzierung beitragen als RadfahrerInnen oder FußgängerInnen, die kaum Kosten verursachen, aber von den Abgasen geschädigt werden.

2.  Lebenswerte Städte und Dörfer

Städte und Gemeinden sollen für alle lebenswert sein. Umweltgerechtigkeit bedeutet für uns das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, insbesondere den Schutz von AnwohnerInnen von Hauptstraßen (auch wenn sie selber kein Auto haben) vor Verkehrslärm und Luftverschmutzung. Flächen zum Spielen und für Naherholung können wir dann zurückgewinnen, wenn wir Mobilität nahräumlich, also mit weniger Verkehr anbieten. Dazu wird eine neue Philosophie der Stadt- und Raumplanung benötigt, die sich an der Mobilität und nicht am Verkehr orientiert. Die beeindruckenden Beispiele vieler Kommunen auf dem Weg zu einer mobilitätsorientierten und verkehrssparsamen Stadt können als Ansporn und Anregung dienen: Sie zeigen, dass sich mit den entsprechenden Angeboten auch die Lebensstile der Menschen ändern – hin zu mehr Nachhaltigkeit und Lebensqualität.

3.  Klimawandel bremsen ‑ an die globale Zukunft denken

Der weltweite Klimawandel, zu dem der heutige Verkehr in erheblichem Maße beiträgt, muss möglichst rasch gebremst werden, und neue Globalisierungskonzepte sind zu entwickeln. Die Zunahme der weltweiten Warenströme ist auch darin begründet, dass die Luft- und Seeverkehre die durch sie verursachten Schäden in keiner Weise decken: Unsere Gesellschaften subventionieren derzeit in großem Maße gerade die Verkehre, die besonders umweltschädlich sind und die unsere Wirtschafts- und Sozialstrukturen gefährden. Profiteure sind auch global agierende Konzerne, die sich jeglicher Verantwortung entledigt haben.

4.  Förderung von Rad- und Fußverkehr

autoverkehr-bilder bk -8Radverkehr und Fußgängerverkehr sind umweltfreundliche und sozialverträgliche Formen von Verkehr, sie bringen Menschen mit wenig Lärm, Abgasen, CO2, fossiler Energie und Flächenbedarf ans Ziel. Wir fordern eine Politik, die Fußgängerverkehr und Radverkehr attraktiver macht.

5.  Stärkung des Öffentlichen Verkehrs

Nur mit einem guten Bus- und Bahnsystem kann die Mobilität für (wirklich) alle Menschen auch zukünftig sichergestellt und können AutofahrerInnen zum Umsteigen bewegt werden. Angesichts langfristig stark steigender Mobilitätskosten bietet der Öffentliche Verkehr eine für jedeN bezahlbare Alternative. Ein attraktiver Nahverkehr reduziert zudem (auch dank guter Auslastung der Verkehrsmittel) die ökologischen Belastungen und schafft mehr Lebensqualität und Freiräume. Bus und Bahn sind deshalb gesellschaftlich zu fördern und auch entsprechend staatlich zu finanzieren.

6.  Güterverkehr

2010 wurden in Deutschland im gewerblichen Güterverkehr 4,07 Milliarden Tonnen transportiert ‑ das sind rund 50 Tonnen pro Einwohner. Die Transportleistung im Güterverkehr hat sich allein in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt. Während im Jahr 1950 noch 56 Prozent der Transporte auf der Schiene stattfanden und lediglich 20 Prozent auf der Straße, wurden 2010 76 Prozent der Güter per Lkw und nur noch neun Prozent mit der Bahn transportiert.

Ursache für die Zunahme des Güterverkehrs sind unter anderem die geänderten Produktionsabläufe. Gleichzeitig werden die Liefer- und Transportketten immer komplexer. So haben die Komponenten und Bauteile eines Neuwagens bei Übergabe an die Kunden und Kundinnen bereits mehr Transportkilometer angesammelt als dieses Fahrzeug jemals erreichen wird. Bis ein Fruchtjoghurt im Kühlregal eines Supermarkts steht, haben Rohprodukt, Zutaten, Verpackung und Verteilung des Fertigproduktes schon insgesamt 8.000 km zurückgelegt.

Der Transport von Gütern, speziell auf der Straße, hat negative Folgen für Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität, denn der Lkw-Verkehr produziert Treibhausgase, und auch gesundheitsschädliche Stickoxide und Rußpartikel kommen in großen Mengen aus den Auspuffen.

Es geht darum, den Verkehr wieder auf den ursprünglichen Zweck zu reduzieren: zielgerichtet mobil zu sein. Das gilt für Menschen und Güter gleichermaßen. Das setzt allerdings einen Wertewandel und ein neues Bewusstsein von Lebensqualität voraus, in dem andere Prioritäten gesetzt werden, als Güter aller Art um die Welt zu bewegen und überall im Supermarkt-Regal zu haben. Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir als Verbraucherinnen und Verbraucher die Nachfrage steuern, die dieses irrsinnige Aufkommen nach sich zieht, besonders im Bereich der Verbrauchsgüter und Nahrungsmittel. Es müssen aber auch gesetzgeberische und fiskalische Maßnahmen ergriffen werden, damit es zur Reduzierung von unsinnigen Transporten, zur Verlagerung auf Bahn und Schiff und zu mehr Effizienz von Transporten kommt.

7.  Bürgerteilhabe ist unverzichtbar

Schließlich tritt unsere Initiative dafür ein, dass bei der Mobilitäts- und Infrastrukturplanung alle Beteiligten und Betroffenen von Anfang an einbezogen werden müssen – denn um deren Mobilität geht es! NutzerInnen und Betroffene wissen am besten, welche Mobilität sie brauchen und was beispielsweise als AnwohnerInnen auf sie zukommt.

8. Sozialökologischer Umbau der Wirtschaft

Angesichts der zunehmenden Knappheit des preiswerten Erdöls und der resultierenden Verteuerung sind Krisen in der Fahrzeug-, Luftfahrt- und Mineralölindustrie unabwendbar. Mittelfristig ist es unsinnig, deren Umbau durch Subventionen zu verschleppen, und es ist nicht mit den Klimazielen vereinbar, ihn durch Erschließen unkonventioneller Ölvorkommen wie etwa Teersänden zu verzögern. Dagegen setzen wir auf Transformation: den planmäßigen Ausbau von Bahn und (Elektro-) ÖPNV, Stadtumbau, regionale Wirtschafts­kreisläufe, Konversion, Reparatur- und Recyclingoffensiven. Dazu kommt eine Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitpolitik, die die Neuorientierung der Beschäftigten unterstützt und soziale Absicherung garantiert.